„Keine Renaissance für Schnickerli“ - Kurzweiliger Vortrag zur Geschichte der unterfränkischen Wirtshäuser

15. Juli 2019

Sehr gut besucht war der von der Zellinger SPD organisierte Vortrag von Dr. Gerrit Himmelseher (Foto) zur Geschichte der „Wirtshäuser“ in Unterfranken.

„Wandel ist Normalität“, so begann der Historiker seine Ausführungen. Die Gastronomie stirbt nicht aus, sie ist im Wandel. Pizza, Döner, Asia erleben einen Boom, viele Dorfwirtshäuser schließen. Die fränkische Dorfwirtschaft mit den traditionellen Speisen wird aber nicht aussterben. Es wird sie aber nicht immer und automatisch nebenan geben, sie wird exklusiv.

„Den Menschen fehlt die Zeit zum Essen“, so Himmelseher. Unser Leben ist so eng getaktet, dass das klassische Mittagessen bei den meisten ausfällt. Wir nutzen die Zeit effektiv. Schnellimbisse bedienen diesen Lifestyle passgenau. Rein in den Laden, essen auf den Teller – fertig. Auf die Spitze getrieben wird diese Verhaltensweise mit der „to go“ Kultur. Gegessen und getrunken wird im Gehen, auf dem Weg zum nächsten Termin. „Das war bis vor 30 Jahren undenkbar“.

Neben diesen kulturellen Veränderungen sieht Himmelseher auch in der Struktur der Betriebe einen Grund für die Schließungen. 80 – 90 % der Wirtshäuser waren und sind Familienbetriebe. Die Wirtsleute finden in ihren Familien keine Nachfolger mehr. Arbeiten, wenn die anderen feiern, am Wochenende und in der Nacht, schreckt viele Kinder der Wirtsleute ab, sie zieht in Industrie, Handwerk und ins Dienstleitungsgewerbe, wo sie mit offenen Armen empfangen werden.

Keineswegs dramatisch sieht Himmelseher die Entwicklung. Die Veränderung wird nicht dazu führen, dass die fränkischen Wirtshäuser auf der Landkarte verschwinden. Er zeigte das am Beispiel gut geführter Häuser auf, die mit traditionellen Speisen und Getränken, aber auch mit Schafkopfrunden ihre Wirtschaften von Montag bis Sonntag voll bekommen, so voll, dass am Wochenende immer, aber auch an den Wochentagen, sichere Plätze nur mit Reservierungen zu bekommen sind.

Garniert war der Vortrag mit vielen Anekdoten und Bildern über fränkische Wirtshäuser, fränkische Wirtsleute, fränkische Speisen. Bei der anschließenden Diskussion erinnerten sich viele Besucherinnen und Besucher an die vielen Zellinger Wirtshäuser.

Groß war auch das Interesse an der Arbeitsgruppe, die die Geschichte der Wirtshäuser in Duttenbrunn, Retzbach und Zellingen erforschen und der Öffentlichkeit zugänglich machen will. Ein erstes Treffen dieser Gruppe ist am Mittwoch, 24. Juli 2019, um 19.00 Uhr im Nebengebäude des Ankergartens an der Mainlände in Zellingen.

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